Die eine Sache, die mich lange davon abgehalten hat, das gelernte Ayurveda-Wissen in die Praxis umzusetzen, war das Frühstück: Ich bin kein großer Porridge-Fan und wenn man den Tag schon “falsch” startet, kann man es auch gleich ganz lassen. Dachte ich zumindest.
Ist aber gar nicht so. Deswegen sprechen wir heute über ayurvedisches Frühstück, darüber, warum es okay ist, auch mal ein Brot zu essen und ich teile meine liebsten Frühstücksideen für jedes Dosha mit euch.
Und ja, wirklich, es muss gar nicht immer Porridge sein!
Frühstück - die wichtigste Mahlzeit des Tages?
“Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages”, hat mein Opa mir schon als Kind immer gesagt, während er einen Berg Haferflocken mit Trinkkakao-Pulver, Zucker und warmer Kuhmilch übergossen hat. Mein erstes “Porridge” sozusagen. Dass mein Opa mit Ayurveda ähnlich viel am Hut hatte wie mit gesunder Ernährung, muss ich wahrscheinlich nicht extra erwähnen, aber mit zwei Sachen hatte er Recht: Frühstück ist super wichtig und warm ist es besser als kalt.
Das Konzept von “Agni”
Im Ayurveda sagt man, dass sich ein warmes, leicht verdauliches Frühstück für alle Konstitutionstypen eignet. Der Grund hierfür ist “Agni”, das “Verdauungsfeuer” in uns. Bildlich gesprochen kann man sich Agni tatsächlich als Flamme vorstellen, die in uns glüht, brennt und lodert und eben die Verdauung und den Stoffwechsel anfeuert.
Morgens direkt nach dem Aufstehen ist unser Verdauungsfeuer noch eher schwach, ein schweres oder kaltes Frühstück, ein großes Glas Orangensaft direkt aus dem Kühlschrank oder auch die trendige Acai-Bananeneis-Bowl direkt aus dem Tiefkühlfach würden die zarte Flamme schon im Keim ersticken und unser Agni “löschen”, sodass die Verdauung über den Tag hinweg nicht mehr so gut funktioniert, Nährstoffe nicht gut aufgenommen und Giftstoffe nicht gut abtransportiert werden können.
Ein starkes und gesundes Agni steht im Ayurveda - übrigens genau so, wie der gesamte Verdauungsprozess - im Zentrum der Gesundheit. Kein Wunder also, dass es bei den Ayurvedis für jede Mahlzeit und jeden Typen eigene Tipps und “Regeln” gibt, die sich fast alle darum drehen, wie man ein gesund loderndes Verdauungsfeuer aufrecht erhält.
Die “Regeln” für ein ayurvedisches Frühstück
Bevor wir tiefer in die “Regeln” eintauchen, möchte ich unbedingt eines loswerden: Echte Regeln im Sinne von “Verboten” gibt es im Ayurveda nicht und ich tippe das hier gerade, während ich mir ein Frühstücksbrot mit Cashewmus, pürierten Himbeeren und Schokoraspeln schmecken lasse. Das ist zwar direkt auf ganz viele verschiedene Arten “un-ayurvedisch”, aber ich hatte heute große Lust darauf.
Ein ayurvedischer Lebensstil sollte keinen Stress verursachen (der ist nämlich mindestens so ungesund wie ein Cashewmus-Brot zum Frühstück), sondern Spaß machen - und wenn das bedeutet, dass man Änderungen nur Schritt für Schritt umsetzen kann und nicht alles immer zu 100% “gut” und “richtig” macht, ist das in Ordnung.
Jetzt aber zu den Regeln - oder besser: Richtlinien für das perfekte ayurvedische Frühstück.
Dein Ayurveda-Frühstück sollte am besten…
warm sein
leicht verdaulich sein
kein rohes Obst oder Gemüse enthalten (wenn Obst oder Gemüse, dann gedünstet oder gekocht)
nicht Milchprodukte mit Obst kombinieren
dich für den Tag stärken
mit verdauungsanregenden Gewürzen gekocht sein
vollwertig und nährstoffreich sein
dich gut sättigen, aber nicht unangenehm voll machen
Bleiben wir bei meinem Frühstücksbrot, hätte ich es also ganz einfach ayurvedisieren können, indem ich die Himbeeren mit etwas Kardamom und Zimt gewürzt und gedünstet und mein Brot getoastet hätte - oft sind es im Ayurveda nur solche kleinen Änderungen, die schon einen großen Unterschied machen.
Darüber, welche kleinen Anpassungen es sonst noch gibt, sprechen wir später - genauso wie über Brot, wer mich kennt, weiß nämlich, dass ich auf keinen Fall auf mein Brot verzichten kann. Aber eines nach dem Anderen. Bevor wir zu dem was kommen, möchte ich noch kurz auf das wann und das wie eingehen, das ist nämlich nicht weniger wichtig als das, was wir am Ende wirklich essen.
Die richtige Uhrzeit: Wann sollte man laut Ayurveda frühstücken?
Ihr könnt frühstücken, wann immer ihr Hunger habt! Im Ayurveda wird empfohlen, den Tag mit einem Glas warmem Wasser zu starten. Sobald danach euer Hungergefühl zurückkommt, könnt ihr euch an die Vorbereitung des Frühstücks machen - je nachdem, wann ihr euren Tag startet, kann das zwischen 6 und 10 Uhr morgens sein.
Bei mir sieht das zum Beispiel so aus:
6:00 - Aufstehen
Morgenroutine
6:30 - warmes Wasser
7:30 - Frühstück
Gassi, Arbeit etc.
12:00 - 13:00 - Mittagessen
Wichtig: Wirklich nur dann essen, wenn ihr Hunger habt! Denn nur dann ist der Körper bereit, die guten Lebensmittel auch zu verdauen und zu verarbeiten.
Das richtige Setting: Warum ihr nicht morgens am Laptop frühstücken solltet
Wer aufmerksam mitgelesen hat, erkennt hier schon den zweiten Fehler in meinem Frühstück: Ich hab mir mein Brot schmecken lassen, während ich die Einleitung zu diesem Blogpost getippt hab.
Im Ayurveda (und eigentlich auch in jedem anderen Gesundheits- und Medizinsystem, aber auch, wenn man einfach seinen gesunden Menschenverstand nutzt) gilt: Gegessen wird in Ruhe!
Konkret heißt das:
Nehmt euch Zeit für euer Frühstück
Esst nicht am Laptop während der Arbeit…
… und lasst am besten auch den TV ausgeschaltet und das Handy für ein paar Minuten beiseite
Persönlich würde ich sogar empfehlen, während des Frühstücks bei euch selbst und eurem Essen zu bleiben und euch nicht unbedingt mit anderen Menschen zu unterhalten. So könnt ihr euch voll und ganz auf eure Mahlzeit konzentrieren, langsam und in Ruhe essen, sorgfältig kauen und euch anschließend einen Moment zum Durchatmen gönnen.
Wer achtsam und entspannt frühstückt, hat nicht nur mehr Energie für den Tag, sondern kann seine Mahlzeit auch besser verstoffwechseln: Zum einen, weil die Verdauung schon beim Kauen beginnt und wer gründlich kaut, verdaut besser. Zum anderen aber auch, weil die Verdauung und der Stoffwechsel vom vegetativen Nervensystem beeinflusst wird. Konkret heißt das, dass die Verdauung verlangsamt und ins Stocken gerät, wenn der Sympathikus aktiviert wird - also genau das, was passiert, wenn man während des Frühstücks eine unangenehme E-Mail liest, ein Meeting mit dem Chef abhält oder eine Reihe neuer Tasks auf seine ohnehin schon überladene To-Do-List setzt. Frühstückt man dagegen ohne Ablenkung und in Ruhe und genießt in guter Stimmung seine leckere und bekömmliche Mahlzeit, ist das parasympathische Nervensystem aktiv, die Verdauung läuft rund und ihr vertragt euer Essen besser.
Generell ist das Thema Stress, Nervensystem und Verdauung so spannend, dass ich darüber sicher irgendwann einen eigenen Blogbeitrag schreiben werd.
Jetzt geht’s aber erstmal mit den großen Frühstücksfragen weiter:
Die optimale Portionsgröße: Wie viel sollte ich frühstücken?
Pauschal sagt man im Ayurveda, dass man den Magen maximal zu zwei Dritteln füllen sollte. Die optimale Portionsgröße ist demnach in etwa so viel, wie in zwei Hände passt.
Ich möchte hier aber ein bisschen anders an die Frage herangehen. Ayurvedisch und gesund leben bedeutet nämlich nicht, sich strikt an Regeln und Empfehlungen zu halten, sondern vor allem auch auf seine eigene Intuition zu hören. Wenn es um Portionsgrößen geht, haben das viele von uns schon von Kleinauf verlernt - oder, besser gesagt, “verlernt bekommen”.
Deswegen meine Empfehlung: Lernt, auf euer Hungergefühl zu hören und esst genau so viel, wie euer Körper gerade braucht, um gut genährt, satt und zufrieden zu sein und bestenfalls bis zum Mittagessen ohne Snacks auszukommen.
… und was ist, wenn ich überhaupt nicht frühstücken möchte?
Auch hier gilt: Hör auf dein eigenes Körpergefühl!
Gerade Menschen mit ausgeprägten Kapha-Anteil können gut auf das Frühstück verzichten, wenn sie nicht hungrig sind. Pitta-Persönlichkeiten neigen dazu, hangry zu werden - aber dass Pittas das Frühstück auslassen, dürfte sowieso eher selten sein :).
Wem ich tatsächlich ein kleines Frühstück empfehlen würde, sind Vata-Typen. Hier ist das Problem nämlich oft nicht der fehlende Hunger, sondern die Wahrnehmung dessen - wenn die Vata-Mind morgens schon am Wirbeln ist, kann man schon mal vergessen, etwas zu essen. Regelmäßige Routinen und geregelte Frühstückszeiten können für Vatas ungemein hilfreich sein, aber auch hier gilt: Wenn du als Vata mal wirklich aufwachst und keinen Hunger hast, dann zwing dich nicht zum Essen, sondern trinke stattdessen einfach in Ruhe einen warmen Tee.
Jetzt haben wir aber wirklich genug über das “wann”, “wie” und “wie viel” gesprochen. Habt ihr Lust, endlich über das “was” und ein paar leckere Frühstücksrezepte zu sprechen?
Rezepte für ein ayurvedisches Frühstück: Einfache Ideen für Vata, Pitta und Kapha
Wer bisher ganz klassisch ein Marmeladen- oder Käsebrot oder Müsli mit Joghurt und Früchten gefrühstückt hat, der könnte in Anbetracht der Regeln und Richtlinien erstmal kurz ziemlich überfordert und ratlos sein. So ging es mir zumindest - zumal ich nur wirklich selten Lust auf das klassische Ayurveda-Porridge hab. Deswegen teile ich jetzt meine liebsten Frühstücks-Ideen und Rezepte mit dir.
Die "Frühstücks-Klassiker" auf ayurvedisch: So könnt ihr euer Lieblings-Frühstück ayurvedisieren
Lieber etwas neues? Rezeptideen für ein Ayurveda-Frühstück
Porridge mit gedünstetem Obst und Nussmus oder Nüssen
Einfacher geht es kaum: Nehmt ein Getreide oder Getreideflocken eurer Wahl (klassisch Haferflocken, aber je nach Konstitution könnt ihr auch andere Flocken oder Getreide verwenden, zum Beispiel Hirse, Buchweizen, Reis oder Quinoa), röstet es optional kurz in hochwertigem Öl oder Ghee an und kocht es anschließend mit Wasser oder Pflanzenmilch auf.
In einem anderen Topf könnt ihr ein Obst eurer Wahl (Beeren, Zwetschgen, Äpfel oder Nektarinen eignen sich zum Beispiel sehr gut) in etwas Wasser oder Öl braten, dünsten oder zum Kompott einkochen.
Das ganze zum Beispiel mit Zimt, Kardamom, Kakao oder Kurkuma würzen, nach Belieben süßen und mit Nussmus, Nüssen oder Kernen toppen.
Fertig!
Porridge mal anders: Herzhaft mit gedünstetem Gemüse
Porridge muss nicht immer süß sein! Anstelle von Pflanzenmilch oder Wasser könnt ihr euer Getreide in Gemüsebrühe zu einem Brei kochen. Anstatt Obst toppt ihr es dann mit Gemüse - Brokkoli, Rosenkohl, Spinat, Tomaten, Karotten: Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt!
Würzen könnt ihr das ganze zum Beispiel mit Kurkuma, Curry, Kreuzkümmel oder italienischen Kräutern.
Stir-Fry mit Reis und Gemüse
Wer sagt, dass es Bratreis nur zu Mittag geben darf? Richtig, niemand! Reis mit Sojasauce und Gemüse geht nämlich immer. Dafür einfach das Gemüse eurer Wahl in etwas Sesamöl oder Ghee anbraten, Reis vom Vortag unterheben und mit Sojasauce abschmecken.
Leichte Reissuppe
Wusstet ihr, dass in Asien super gern Suppe gefrühstückt wird? Ob als Misosuppe mit Tofu, als Reissuppe mit Reis und Mungdal oder als einfache Brühe mit Gemüse - geht alles, schmeckt alles und ist alles wunderbar nährend!
Wraps mit gebratenem Gemüse
Wraps sind mein Go-To, wenn ich Lust auf ein richtig leckeres, herzhaftes Frühstück für unterwegs hab. Gemüse braten, mit Sojasauce abschmecken, nach Belieben würzen und mit pflanzlichem Joghurt und frischen Kräutern in einen warmen Wrap einrollen.
Superschnell fertig und super lecker!
Für Ei-Fans: Kichererbsen-Omelette mit Gemüse
Pancakes
Und zu guter Letzt… Was ist jetzt mit Brot?
Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich meine Ayurveda-Medizinerin während der Konsultation traurig angeschaut hab und gesagt hab “Aber ich ess’ doch so gern Brot”. Wollt ihr wissen, was sie dazu gesagt hat?
“Das ist doch vollkommen in Ordnung!”.
Ja, generell gilt Brot im Ayurveda als schwer verdaulich. Und manchmal auch ungesund. Dass das Industriebrot mit einer Menge Backtriebmittel, Zusatzstoffe und dem billigsten der billigen Weizenweißmehle, das wir heutzutage oft im Discounter und leider inzwischen auch beim Bäcker bekommen, nicht unbedingt förderlich für unsere Gesundheit ist, ist ja längst kein Geheimnis mehr.
Wer morgens nicht auf sein belegtes Brot verzichten kann oder möchte, der kann es aber mit ein paar einfachen Tipps und Tricks besser verträglich machen:
Toastet euer Brot. So wird es nicht nur leicht warm, sondern verändert auch seine Struktur und wird besser verträglich
Backt selbst, am besten ohne Hefe. Das ist gar nicht so schwer, kompliziert oder zeitaufwändig, wie man denkt, versprochen!
Bevorzugt Sauerteigbrot. Die lange Reifezeit und Fermentation macht das Brot verträglicher.
Verfeinert es mit verdauungsfördernden Gewürzen. Das klassische deutsche “Brotgewürz” ist hierfür eine gute Wahl.
Achtet darauf, wie ihr euer Brot belegt. Gemüseaufstriche, frischer (und am besten noch warmer) Hummus oder warmes Fruchtkompott sind nicht nur gesünder, sondern auch besser verdaulich als das klassische Wurst-, Käse- oder Eierbrot.
Aber auch hier gilt: Hört auf euer Gefühl, lernt euren eigenen Körper kennen und beobachtet, was ihr gut vertragt, was euch Energie gibt und wovon ihr euch eher träge und unwohl fühlt.
In diesem Sinne: Ob Brot oder Brei, ob süß oder herzhaft, ob Gemüse oder Obst: Viel Spaß beim Ausprobieren und beim Frühstücken!