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Pranayama Post-Covid: Können Atemübungen bei Lungeninfektionen helfen?

Pranayama Post-Covid: Können Atemübungen bei Lungeninfektionen helfen?

Heute vor genau einem Jahr ist nach drei langen Wochen der zweite Stich auf dem Teststäbchen verschwunden und mein Covid-Test wurde endlich wieder negativ. Corona besiegt? Denkste! 

Auch jetzt, ein ganzes Jahr später, merke ich, dass meine Lunge noch nicht wieder das ist, was sie mal war, ich bin schnell außer Atem, Erkältungen schlagen plötzlich ungewöhnlich stark auf die Lunge und das Ergebnis von meinem letzten Lungenfunktionstest war so schlecht, dass ich den Test wiederholen musste, um sicherzugehen, dass das Gerät nicht kaputt ist. 

Ursprünglich hatte ich geplant, euch die besten Tipps meiner Hausärztin zu teilen und vielleicht sogar ein kleines Interview mit ihr zu führen. Der beste Tipp, den sie hatte, war allerdings “ahjo, mal abwarten, komm in einem halben Jahr wieder, wenn’s nicht besser wird”.  

Weil das nicht unbedingt der Rat ist, den ich euch mitgeben oder selbst befolgen wollte - langsam bin ich mit meiner Geduld nämlich am Ende, hatte ich eigentlich ein Interview mit einem Yogalehrer-Kollegen geplant, der sich auf Pranayama spezialisiert hat.

Wie es der Zufall so wollte, bin ich stattdessen letzte Woche zufällig und ganz spontan beim Lungenfacharzt gelandet - und der war richtig gut, hat sich Zeit genommen, vom Lungenfunktionstest über einen Asthmatest bis hin zum Belastungs-EKG alle Tests gemacht, die ich mir vorstellen kann, mich gründlich aufgeklärt, Blut abgenommen, meine Befunde besprochen und mich anschließend an einem Freitagnachmittag (ja, dann, wenn Ärzte normalerweise Feierabend haben) angerufen, um die nächsten Schritte zu besprechen. 

Ihr seht: Ich bin begeistert <3

Obwohl der Arzt wirklich super und total gewissenhaft und gründlich ist, hatte er leider nicht das Wunderheilmittel - Mist. Er hatte aber etwas anderes: Einen Plan! 

Der Plan ist: Leichtes Cardiotraining, Atemübungen und Rückentraining und in drei Monaten sehen wir uns wieder zu einer Nachkontrolle, einem neuen Lungenfunktions- und Belastungstest. 

Über die Rückenübungen hab ich hier schon ein bisschen was geschrieben, Cardiotraining ist an sich eher unspektakulär (der Arzt hat 3-4x pro Woche 20 Minuten Fahrradfahren vorgeschlagen), heute möchte ich ein bisschen was über die Atemübungen erzählen, die ich ich für die nächsten drei Monate in meinen Alltag integrieren möchte.

First Things first: Hilft Pranayama bei Long Covid und anderen Atemwegsinfekten? 

Hier muss man ein bisschen differenzieren: Bei einem akuten Infekt würde ich von Pranayama eher absehen. 

Sobald der Infekt ausgeheilt ist, kann Pranayama aber sehr hilfreich sein, um die Lunge und Bronchien zu reinigen und zu befreien, die Lungen und die Atmung zu trainieren und zu stärken und so zurück zur gewohnten Lungenfunktion zu kommen.

Wie lange sollte ich nach einer Erkältung oder einem anderen Infekt warten, bevor ich mit Atemübungen starte? 

Das kommt ganz darauf an, wie stark der Infekt oder die Erkältung war. 

Bei einer leichten Erkältung kann man schon ein paar Tage nach der Genesung lockere Atemübungen machen, bei einem leichten Covid-Verlauf würde ich zwei bis vier Wochen warten, um sicherzugehen, dass der Infekt vollständig ausgeheilt ist und bei einem schweren Covid-Verlauf wird tatsächlich empfohlen, sich das “okay” vom Arzt zu holen, bevor man mit Sport und Pranayama startet. 

Je nach Schwere des Infekts würde ich also ein paar Tage bis ein paar Wochen warten - und den Infekt in jedem Fall ordentlich ausheilen lassen.

Welche positiven Effekte hat Pranayama bei abgeheilten Infekten?

Kennt ihr das Gefühl nach einer dicken Erkältung (oder Corona), wenn ihr eigentlich wieder gesund seid, aber irgendwie fühlt ihr euch trotzdem nicht so richtig gut? 

Pranayama kann hier helfen und nicht nur das allgemeine Energielevel im Körper erhöhen und euch so die nötige Power für den Tag geben, sondern auch die Bronchien reinigen, die Lungen stärken und das maximale Atemvolumen erhöhen. 

Zudem haben verschiedene Atemübungen besonders positive Effekte: Die tiefe Bauchatmung setzt zum Beispiel einen Entspannungsimpuls und regt zudem das Lymphsystem, also unsere innere Kläranlage, an und kann so die Regeneration fördern.

Wie lange dauert es, bis sich Verbesserungen zeigen? 

Der Lungenfacharzt möchte mich in drei Monaten wieder sehen, also denke ich, dass sich in maximal drei Monaten mit regelmäßiger Übung deutliche Verbesserungen eingestellt haben sollten. Genau sagen oder versprechen kann man hier natürlich nichts, ich hoffe aber, dass ich schon nach einigen Wochen die ersten Effekte spüre - ich komm natürlich zurück zu diesem Artikel und werde berichten!

Update - Dezember 2023: Meine Erfahrung mit Pranayama Post-Covid

Wer diesen Blogpost gelesen hat, direkt nachdem ich ihn veröffentlich hab, weiß: Ich konnte vor 3 Monaten noch kaum die Treppen laufen und hab zum Glück nach ziemlich genau einem Jahr Long-Covid-Lungenproblemen einen Arzt gefunden, der mit mir an der Sache dranbleibt.

Deswegen kann ich jetzt aus eigener Erfahrung sagen: Jap, nach drei Monaten gibt es eine deutliche Verbesserung. :) Mein Lungenfunktionstest Ende November ist schon 10% besser ausgefallen als der erste Test Ende August.

Ganz abgesehen von den Ergebnissen kann ich aber auch sagen: Ich spüre, dass es bergauf geht. Vor 3 Monaten hab ich beim Treppensteigen noch nach 1,5 Stockwerken eine Pause eingelegt, heute komm' ich (an den meisten Tagen) problemlos in den dritten Stock, lange Spaziergänge und sogar 30 Minuten Cardiotraining auf dem Crosstrainer sind kein Problem mehr.

Welche Atemübungen empfiehlst du Post-Covid?

Ihr kennt jetzt also mein Problem und den groben Plan - aber welche Atemübungen eignen sich denn zum Einstieg Post-Covid? 

Hier sind meine Empfehlungen: 

Übung 1: Tiefe Bauchatmung

Ich starte mein Training mit einigen Minuten tiefer Bauchatmung. Das klingt vielleicht im ersten Moment langweilig, die Übung hat aber so einen riesigen positiven Effekt auf das gesamte System, dass ich nur empfehlen kann, sich täglich die Zeit dafür zu nehmen. 

Die tiefe Bauchatmung… 

  • aktiviert das parasympathische Nervensystem, das für Ruhe und Entspannung verantwortlich ist

  • dehnt das Zwerchfell sich nach unten aus, stimuliert so die Bauchorgane, regt das Lymphsystem an…

  • … und schafft gleichzeitig Platz für die Lungen, sodass mehr Luft in die Lungen strömen kann

  • Rein energetisch sagt man der Bauchatmung außerdem nach, dass sie das Sonnengeflecht aktiviert, zentriert und Kraft spendet. 

Und das Beste: Man kann sie im Stehen, im Liegen, im Gehen, zu jeder Tageszeit, eigentlich immer praktizieren. 

Lege dazu am besten eine Hand auf deinen Bauch und versuche, möglichst tief nach unten zu atmen. Mir hilft es, mir bildlich vorzustellen, wie mein Atem das Zwerchfell nach unten wegdrückt. Bei der Einatmung dehnt sich dein Bauch so aus - deine Hand sollte sich also nach außen bewegen. 

Spüre den kurzen Moment zwischen Ein- und Ausatmung, bevor du dann langsam, gleichmäßig und vollständig wieder ausatmest. 

Übung 2: Brahmari - die Bienenatmung

Meine zweite Übung ist Brahmari, die Bienenatmung - hier ist der Name quasi Programm. In der Anfänger-Variante (die ich selbst zum Start wähle und auch jedem empfehlen würde, der sich gerade von Long Covid oder einem anderen Infekt erholt) atmet man hier tief und zügig durch die Nase ein und summend aus, eben wie eine Biene. 

Glaubt man den alten yogischen Schriften, soll Brahmari uns mit Heiterkeit erfüllen, rein körperlich lassen sich aber vor allem folgende Wirkungen wahrnehmen: 

  • befreit den Hals

  • erhöht die Lungenkapazität

  • reduziert Heiserkeit

… und ist zusätzlich gut für die Stimmbildung, aber das ist im Erkältungs-Kontext eher zweitrangig.

Übung 3: Kapala Bhati - der Feueratem

Die wahrscheinlich klassischste aller Yoga-Atemübungen, die in den meisten Yogastunden praktiziert wird, ist Kapala Bhati. Und das nicht umsonst! Die Schnellatmung, wie Kapala Bhati auch genannt wird, hat einige positive Wirkungen, die man gut nach einem Infekt für sich nutzen kann: 

  • Reinigt Lunge und Bronchien

  • Stärkt das Zwerchfell und die Atemhilfsmuskulatur

  • Erhöht die Lungenkapazität

  • Kann sich positiv auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken

Wichtig ist, dass ihr Kapalabhati korrekt ausführt und die Einatmung nicht forciert, sondern den Fokus auf die Ausatmung legt. Noch wichtiger ist, dass ihr auf euren Körper hört und behutsam startet, also mit etwa 20 Ausatmungen und etwa einer Sekunde (oder sogar mehr) pro Atemstoß. 

Übung 4: Anuloma Viloma - die Wechselatmung

Zum Abschluss folgt hier der letzte Klassiker: Die Wechselatmung. Die würde ich auf jeden Fall immer nach Kapala Bhati empfehlen, denn sie wirkt ausgleichend und harmonisierend und bringt das gesamte System wieder in Einklang, nachdem wir es mit der Wechselatmung in Aufruhr versetzt und stark aktiviert haben. 

Rein energetisch wirkt die Wechselatmung reinigend auf die Energiekanäle, fördert die Konzentrationsfähigkeit und hilft, Ruhe und Kraft zu finden. 

Körperlich… 

  • wird das Herz-Kreislaufsystem gestärkt

  • die Lunge trainiert

  • und der Atem unter Kontrolle gebracht

Für mich der perfekte Abschluss für meine Pranayama-Session. 

Wenn ihr die Übung nachmacht, achtet bitte darauf, den Atem nur so lange anzuhalten, wie es bequem möglich ist. Das können zum Start 4 oder 8 Sekunden sein und mit fortgeschrittenem Training vielleicht sogar 12, 16 oder mehr - wichtig ist: Das ist kein Wettbewerb, es geht um Heilung und maximal leichtes Training, überfordert euch also bitte nicht. 

Wie lange sollte ich die Atemübungen machen? 

Nach einer Atemwegsinfektion kann es gut ein paar Wochen oder Monate dauern, bis sich alles wieder gut, normal und richtig anfühlt - es ist also Geduld gefragt. Ich würde empfehlen, die Übungen von oben für einen Zeitraum von 3-6 Monaten täglich zu wiederholen, auch wenn sich hoffentlich schon nach wenigen Wochen eine Besserung zeigt. 

Generell gibt es bei Pranayama keine zeitliche Obergrenze. Wenn euch die Übungen helfen, könnt ihr sie also einfach zum festen Bestandteil eurer Yogaroutine machen. 

Und wie lange sollte ich täglich Pranayama üben? 

Gerade nach einem Infekt gilt: Hört auf euren Körper (und im Zweifel auf euren Arzt). Fangt langsam an und steigert euch, wenn es sich für euch gut anfühlt. Ich selbst würde empfehlen, mit 5 Minuten täglich zu starten und sich auf 10-15 Minuten am Tag “hochzuarbeiten”, wenn es sich gut anfühlt.

Zumindest ist das mein persönlicher Post-Covid-Plan :) 

Wann darf ich keine Atemübungen machen? 

Bitte lasst Erkältungen, Infekte und Co unbedingt vollständig ausheilen, bevor ihr mit Pranayama beginnt. Über allgemeine Kontraindikationen sprechen wir in einem anderen Beitrag ausführlicher, deswegen hier nur kurz: 

  • Wer akute Erkältungssymptome hat

  • Schwanger ist

  • Herz-Kreislaufprobleme hat

oder sich allgemein nicht gut fühlt, sollte auf die Atemübungen besser verzichten oder zur Sicherheit einen Arzt fragen. 

 “Einen Arzt fragen” ist generell ein gutes Stichwort und die perfekte Überleitung, denn eine Sache ist mir besonders wichtig, deswegen möchte ich unbedingt noch darauf eingehen, bevor wir uns zum Pranayama auf der Matte treffen: 

Wann sollte ich mit einem Atemwegsinfekt oder Long Covid zum Arzt? 

Bitte, bitte geht zum Arzt, wenn ihr euch nicht sicher seid, ob das noch eine ‘normale’ Erkältung ist, oder schon etwas Schlimmeres. Mit Lungenproblemen und Lungenentzündungen ist nicht zu spaßen und das Schlimmste, was passieren kann, ist dass ihr eine halbe Stunde eurer Zeit verschwendet und der Arzt euch nach Hause schickt mit der Info, dass ihr einfach noch eine Weile warten müsst und sich das dann von selbst erledigt. 

Wenn ihr 

  • das Gefühl habt, keine Luft zu bekommen

  • Fieber habt

  • ungewöhnlich müde oder abgeschlagen seid

  • sich die Symptome nicht bessern oder sogar verschlechtern

heißt es auf jeden Fall: Ab zum Hausarzt! Dort wird, wenn nötig, ein Blutbild gemacht, die Lunge abgehört und, wenn das passende Gerät in der Praxis vorhanden ist, die Lungenfunktion getestet. Bis auf einen kleinen Pieks beim Blutbild tut das auch alles nicht weh und geht ganz schnell. 

Ich komm in 3 Monaten nochmal zurück zu diesem Blogbeitrag und erzähl euch, was bei meinem Kontrolltermin rausgekommen ist und ob Pranayama und das Cardiotraining wirklich geholfen hat - bis dahin: Passt gut auf euch auf und gute Besserung <3 

Update: Ihr habt's bestimmt schon im Post gesehen, aber: Ja, hat geholfen, der Kontrolltermin ist super gelaufen! :)